Unsere Erste: Mit 6:4 ins Viertelfinale
Bemerode. Wir schreiben den 12. Februar 2019 Anno Domini um 19:00. Fünf kampferprobte Hartkunststoffballpeitschende stehen in ihrer Kabine der Tischtennis-Arena am Sandberge. Es ist unsere 1. Herren. Sie schauen sich tief in die Augen und sind wild. Wild entschlossen, heute einen weiteren Meilenstein auf dem Weg zur Titelverteidigung im Regionspokal der 2. Bezirksklasse zu nehmen. Es ist Achtelfinale.
Aber sie wissen, es wird verdammt hart. Denn heute müssen sie gegen den TSV Krähenwinkel-Kaltenweide antreten. Eine Mannschaft, die für unberechenbares, knallhartes Spiel bekannt ist. Der TSV KK (sprich "Tee Ess Pfau Car Car"), wie er sich selbst in Kurzform nennt, gilt als Favorit. Das weiß unsere Erste. Sie haben Respekt. Aber keine Angst. Sie sind bis in die Haarspitzen motiviert und konzentriert. Das liegt an ihrem stählernden Willen und an Chef-Motivator Mannschaftsführer Raif Shabani. Noch in der Kabine schreit er seine Mannschaft an: "Jaaa, wir schaffen das! Wir machen die platt! Huh! Huh! Huh! Tschakaaah!". Und alle schreien zurück "Jaaa, Tschakaaah!" Es wird lauter und lauter in der Kabine. Mit jedem "Huh! Tschakkaah" wächst die Motivation. Ein Hexenkessel ist ein Dreck dagegen.
19:30 Uhr. Die Gegner erscheinen in voller Kampfausrüstung in der Halle. Sie sehen entschlossen aus. Es besteht kein Zweifel: Sie wollen den Sieg, wollen unserer Ersten zeigen, wo der Hammer die Locken hat. Man spielt sich ein.
20:00 Uhr. Es wird ernst. Kaczmarek, Diaz, Schatzke und Rust stehen am Tisch. Norbert Schramm macht den Berater und -treuer. Der erste Ball ist gespielt. Es steht 0:1 im ersten Satz. Das fängt nicht gut an.
Aber es wird ein Duell auf Augenhöhe. Nach Doppeln steht es 2:0 für Bemerode. Die Fans sind aus dem Häuschen. Der Siegeswillen steigt. Nur noch vier Punkte bis zum Viertelfinale. Aber es ist ein weiter Weg.
Im oberen Paarkreuz ist nichts zu holen. Nur Kaczmarek kann sich gegen Feuerhahn einigermaßen wehren, verliert aber dennoch 5:11 im fünften Satz. Eine seiner seltenen Niederlagen - leider zum falschen Zeitpunkt. Isabelle "Easy" Diaz findet gegen "Flippo" Zirpel nicht zu ihrem Spiel und geht komplett mit 0:3 unter. Es steht 2:2.
Dann gehen Schatzke und Rust an den Tisch. Sie wissen, dass sie genau jetzt ihre volle Leistung und Konzentration abrufen müssen. Peter Schatzke macht sein Spiel als erstes mit einem klaren 3:0 klar. Der schon legendär cleveren und explosiven Spielweise kann bis hoch in die Regionalliga kaum jemand etwas entgegensetzen. Auch Thorsten Rust feiert seinen verdienten 3:0 Triumpf über Boris Wicke. Auch er hat es geschafft, seine ganze Erfahrung und Spieldynamik genau im richtigen Moment abzurufen. Es steht 4:2. Spartenleiter Detlef Brauner hält die Spannung nicht mehr aus. Er geht für drei Minuten austreten.
Was dann folgte, wird wohl in die Geschichtsbücher des ITTF eingehen. Diaz gegen Feuerhahn. Beide waren bis in die Haarspitzen motiviert. Beide auf der Höhe ihrer sportlichen Leistung. 4:11 Rückstand. Isi holt sich Rat bei Sportmentor Norbert Schramm. Sie liefert einen packenden Kampf, kann mit 11:8 den 2. Satz für sich entscheiden. Doch Feuerhahn legt noch eine "Schippe" drauf, schlägt im 3. Satz mit 8:11 zurück. Der 4. Satz geht wieder knapp, aber verdient mit 11:9 an Diaz. 2:2 nach Sätzen. Wir sind im 5. Satz. Es läuft nicht gut für Isi Diaz. Feuerhahn feuert ihr einen Ball nach dem nächsten um die Ohren. Es steht 6:9. Die Fans des TSV KK sind aus dem Häuschen, können den Sieg Feuerhahns förmlich spüren.
Doch da passiert es: Manchmal, vielleicht ist es zwei, drei Mal in Diaz´ steiler Karriere passiert, ändert sich ihr Gesichtsausdruck. Schlagartig. Ihre Augen werden dunkel, von weitem meint man, man schaut in zwei schwarze Löcher, wie sie sonst nur Millionen Lichtjahre von der Erde entfernt zu finden sind. Jeder Muskel ihres zarten Körpers ist bis kurz vor der Zerreißgrenze angespannt. Du hast das Gefühl, es steht ein anderer Mensch vor Dir. Mensch? Man weiß es nicht. Ballmaschine eher. 6:9 im Fünften. Sie geht tief in die Grundstellung. Sie knallt die Bälle wie besessen auf die andere Tischhälfte. Die ganze Halle schaut gebannt und mit weit aufgerissenen Augen auf das Spiel. Sie feuert sich nach jedem Punkt mit einem lauten, spitzen "Schoooh! Schoooh! Schoooh!" an. Mit diesem Spiel würde sie selbst Fan Zhendong mit 11:0 vom Tisch schießen. Angst steigt auf in den Augen ihres Gegners Jan Feuerhahn. Isabelle "Easy" Diaz verwandelt ihren Matchball mit einer brachialen Gewalt, dass kleine Funken aus dem Ball sprühen. Feuerhahn und die angereisten Fans des TSV KK können es nicht glauben.
Isi gewinnt 11:9. Die Spannung fällt von ihr ab, die Zuschauer, Fans und Mitspieler sind den Tränen nahe. Sie legt damit den Grundstein für die entscheidende Phase dieser Pokalbegegnung.
Es steht 5:3. Nur noch ein Sieg, dann ist das Viertelfinale perfekt. Peter Schatzke sollte es richten. Er zog sein Spiel durch, bis zum Stand von 2:1 und 10:10 im Vierten. Doch dann kamen leichte Fehler. Schatzkes Arm wurde schwer. So kurz vor dem Sieg ließ sein Spiel nach. Und sein Gegener Boris Wicke steigerte sich, holte den vierten Punkt für den TSV KK.
Im anschließenden und letzten Spiel des Abends musste Thorsten Rust wenigstens einen Satz gewinnen, um den Einzug ins Viertelfinale für Bemerode einzutüten. Im "Spiel meines Lebens", wie er es später nennen sollte, erteilte Rust seinem Gegner Manfred "Manne" Lüpke eine wahre Tischtennis-Lektion. 3:0 für Rust.
22:15 Uhr. 6:4 für Bemerode.
Das Viertelfinale war unsere Erste erreicht. "Wir sind so erleichtert! Es war schwer und es wird im Viertelfinale jetzt nicht leichter", kommentierte Shabani.
Fortsetzung folgt...